Vom Zauber der Päonie

Päonie aus "Gartenglück und Sommerzauber" ars Edition 2014 S.48 © Caroline Ronnefeldt

Doch wenn Melancholie vom Himmel fährt,

dann schöpf von Morgenrosen neuen Mut,

von Regenbogen; Dünen, Salz und Sand

und reichem, kugligem Päonienflor.

 

John Keats (1795 - 1821)

 aus "Ode auf die Melancholie"

Und weil zum heutigen Datum ja eigentlich nicht "Melancholie vom Himmel" fahren sollte:

Frohe Pfingsten!

Medaillon "Taube" für Grätz Verlag © Caroline Ronnefeldt

Vom Zauber der Päonie

ALS DER GRIECHISCHE ARZT PAION SEINEM LEHRER ASKLEPIOS, Gott der Heilkunst und des Apollon Sohn, zuvorkam und auf Bitten des Zeus den verwundeten Kriegsgott Ares von einer Pfeilwunde unter Aufbietung seines ganzen Könnens erfolgreich heilte, wurde Asklepios auf seinen begabten Schüler so eifersüchtig, dass er ihn tötete. Ares jedoch verlieh dem Paion aus Dankbarkeit für seine Heilung Unsterblichkeit, indem er ihn in eine traumhaft schöne Blume verwandelte: die Päonie.

 

DIE PÄONIE gönnt uns ihre einmalige Pracht im Garten nur für eine kurze Zeit des Jahres. Sie blüht rund um das Pfingstfest für zwei bis vier Wochen, was der Pflanze hierzulande zu ihrem weiteren, volkstümlich gebräuchlichen Namen verholfen hat: "Pfingstrose".

  Seit der Antike fanden ihre Blüten, Samen und Wurzeln in der Heilkunde Verwendung. Staudenpäonien erscheinen in Europa bereits in den Pflanzenverzeichnissen mittelalterlicher Klostergärten.

 

DER ENGLISCHE GELEHRTE UND SPÄTERE ABT DER AUGUSTINERABTEI VON CIRENCESTER, ALEXANDER NECKHAM, erwähnt um 1190 in seinem naturhistorischen Werk "De naturis rerum" die Päonie im Kanon der für einen "edlen Garten" unverzichtbaren Pflanzen wie Rosen, Lilien, Sonnenblumen, Veilchen, Alraunen, Fenchel und Koriander. Die mittelalterliche Kunst zeigt die Pfingstrose, die "Rose ohne Dornen", als Marienblume, wie in Martin Schongauers Colmarer Altarbild "Maria im Rosenhag". 1503 schuf Albrecht Dürer ein bestechend naturgetreues Porträt einer Paeonia officinalis.     

                                                                                                                                                                        

Albrecht Dürer "Paeonie officinalis, Aquarell, 1503
Albrecht Dürer "Paeonie officinalis, Aquarell, 1503
Pfingstrose zartrosa , Foto © Winfried Haas

IM 18. JAHRHUNDERT BEGABEN SICH PFLANZENJÄGER aus England und Frankreich auf die Suche nach den legendären Baumpäonien, deren Ruf ihrer sagenhaften Schönheit durch Kaufleute und Missionare bis nach Europa gedrungen war. Die zeitgenössische Schilderung von europäischen Botanikern, die sich zum ersten Mal der Paeonia Moutan gegenübersehen, der Chinesischen Baumpäonie, sind eindrucksvoll und bezeugen, wie atemberaubend der erste Anblick der bisher unbekannten Pflanze mit den riesigen, süß duftenden und an einem Strauch prangenden Blüten gewesen sein muss.

                                                                                                                                                                                   aus "Gartenglück und Sommerzauber" ars Edition 2014 S. 48/49